DER LANDKREIS ELBING   
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TOLKEMIT (2)


Aus der Baisenzeit erfahren wir über Tolkemit folgendes:

Am 5. August 1469 forderte der Polenkönig Kasimir den Elbinger Rat vor das Landgericht zu Marienburg, wegen einer Zahlung von200 Mark an die Stadt Tolkemit.

Am 8, November 1491 legte der Rat von Tolkemiter ein Zeugnis über die Grenzen des Elbinger Fischamtes schriftlich nieder. Die Urkunde ist unterzeichnet von dem Bürgermeister Michel Rosenbach, den Ratsmitgliedern Lange, Hermann und Hans Lemke und den beiden alteingesessenen Mitbürgern Lucas Ribe und Hans Holtfaste.

Am 9. Februar 1508 kam die Starostei Tolkemit offiziell an das ermländische Bistum, und zwar aus folgenden Gründen:

Im Jahre 1458 war in Elbing neben dem schon 1238 begründeten Dominikanerkloster, der heutigen Marienkirche, ein zweites Kloster entstanden, das Brigittenkloster, das sich dort befand, wo heute die Altstädtische Mittelschule steht, also auf dem Grunde des 1454 zerstörten Ordensschlosses. Dieses neue Kloster sollte 60 Nonnen und 25 Mönche aufnehmen. Es schwebte aber von vornherein ein Unstern über der neuen Gründung. Nach Beendigung des 13jährigen Krieges (1455) waren die Einnahmen des Klosters sehr gering. Daher wurden ihm von zwei Elbinger Bürgern, Heinrich Bieland und Michael Brugmann, die Dörfer Neukirch-Höhe, Karschau und Kreuzdorf geschenkt. Trotzdem kam das Kloster nicht in die Höhe. Im Gegenteil: Um 1500 verödete es ganz. Der Elbinger Rat aber zog die Einkünfte des Klosters ein. Dagegen erhob der Bischof des Ermlandes, Lukas von Watzelrode (1489-1512), der Oheim des berühmten Astronomen Nikolaus Kopernikus, Widerspruch. Er bat den polnischen König, die erwähnten 3 Dörfer, die außerhalb des Elbinger Gebietes lagen, kirchlichen Zwecken zugute kommen zu lassen. Der König Sigismund I. (1506-1548) entsprach nicht nur der Bitte des Bischofs, sondern überwies dem Bistum Ermland außerdem noch die ganze Starostei Tolkemit, am 9. Februar 1508.

1506 hatte aber schon der Bischof, wohl in Voraussicht der bevorstehenden Schenkung, die Ländereien des ehemaligen Dorfes Bandeynen der Stadt Tolkemit verliehen. Das Domkapitel bestätigte die Verleihung des 16 Hufen umfassenden Dorfes 1515.

Der Nachfolger des Bischofs Lukas von Watzelrode war Fabian von Lossainen (1512-1523). Er überwies die ganze Starostei Tolkemit dem Frauenburger Domkapitel. An die Schenkung war die Bedingung geknüpft, für das polnische Königshaus Totengebete zu verrichten. Das Domkapitel aber hatte die Gottesdienste in der Kathedrale des Bistums in Frauenburg abzuhalten. Der polnische König bestätigte die Überweisung der Starostei an das Domkapitel am 4. Februar 1519.

Im sogenannten Reiterkrieg (1519-1525) zwischen Polen und dem letzten Hochmeister Albrecht von Brandenburg versuchten am 8. März 1521 Ordenssöldner die Stadt Elbing durch Überrumpelung zu erobern. Sie waren am 4. März von Königsberg abgezogen und hatten Braunsberg und Tolkemit passiert. >Der Angriff auf Elbing mißlang. Er wurde am Markttor von Elbinger Bürgern abgeschlagen. Als die Söldner nach Königsberg zurückkehrten, machten sie Halt bei Tolkemit, wo sie ein Lager errichteten. Von hier aus machten sie Streifzüge auf die gegenüberliegende Nehrung, die der Stadt Danzig gehörte. Danzig schützte sein Gebiet dadurch, daß es einige bewaffnete Schiffe, Jachten und Schmacken, gegen das Tolkemiter Ordenslager aussandte. Diese Schiffe kamen am 26. März vor Tolkemit an und beschossen es heftig. Darauf zogen die Landsknechte ab und setzten ihren Rückmarsch auf Königsberg fort. Bald aber besetzten sie Tolkemit wieder.

Während des Reiterkrieges war Tolkemit nun lange Jahre (1521-25) von den Ordensöldnern besetzt und hatte viele Drangsale zu erdulden. Kein Geringerer als der berühmte Nikolaus Kopernikus, der Frauenburger Domherr war, hat in einer an den letzten Hochmeister, den Markgrafen Albrecht von Brandenburg, gerichteten Beschwerdeschrift auch über die Tolkemiter Kriegsleiden berichtet. Von den Einwohnern wurden 300 Mark Brandschatzung verlangt, und da die Bürger die dafür gesetzte Zeit nicht innehalten konnten, führte der Söldnerhauptmann Heinrich Doberitz beim Abzuge zwei Bürgermeister als Geiseln nach Braunsberg mit. Die Bürger mußten ihm in die Hand geloben, ihre Bürgermeister mit den genannten 300 Mark loszukaufen. So geschah es auch bald darauf. Die Bürger hielten weiterhin das Domkapitel für ihre rechtmäßige Obrigkeit und bezeugten dies durch Wort und Tat. Da erschien am Sonntag Misericordias Domini 1521 der Ordensritter Kaspar von Schwalbach in Tolkemit und zwang die Bewohner von Stadt und Land, dem Orden die Treue zu schwören.

Kopernikus erklärt ferner, daß die Dörfer Neukirch-Höhe, Karschau und Kreuzdorf schon seit einigen Jahren (nämlich seit 1508) ihre Abgaben nach Frauenburg und nicht nach Tolkemit entrichtet hätten. Schwalbach erklärte aber, diese Dörfer gehörten zum Tolkemiter Gebiet, und verfuhr dementsprechend.

Als am 8. April 1525 in Krakau der Friede zwischen Polen und dem Hochmeister geschlossen worden war, kam auch Tolkemit mit seinem Gebiet wieder an das Domkapitel zurück. Die Ordenstruppen verließen den Ort und polnische Besatzung zog ein.

Es bestand nämlich am polnischen Hof die Neigung, Tolkemit dem Bistum Ermland zu nehmen und zum Staatsgut zu machen. Infolgedessen leistete Tolkemit auch bereits am 3. Juni 1525 vor einem königlich en Kommissar den Treueid für den polnischen König. Georg von Baisen, der Marienburgische Woiwode, und Achatius von Zehmen, der Starost von Schlochau, hatten mit dazu geraten, daß die Starostei Tolkemit dem Bistum Ermland genommen würde. Sie erklärten dem Bischof des Ermlandes, Mauritius Ferber, Tolkemit wäre ihr väterliches Erbe, und es könnte ihnen nicht verübelt werden, wenn sie Bistümer, die die Gier des Bischofs und der ermländischen Domherrn an sich gerissen hätte, wieder zu erlangen sich bestrebten. Achatius von Zehren war durch Heirat mit den Baisen verwandt, wahrscheinlich war er der Schwager Georgs von Baisen. Dieser spielte gewiß auf das Verhalten des Bischofs Lukas von Watzelrode an, durch den er 1506 um die Starostei Tolkemit gekommen war. Mauritius Ferber erwiderte beiden, wenn sie wirklich ein solches Verlangen nach dem Besitz von Tolkemit hegten, würde er ihnen, wenn sie mit offener Stirne, da sie doch Freunde sein wollten, und aufrichtig und ehrlich gehandelt hätten, seine Zustimmung nicht vorenthalten haben. So aber wäre er gegen ihren Plan. Da der ermländische Bischof mächtige Helfer bei Hofe fand, wurde im August 1526 die Starostei Tolkemit dem Bischof auf königliche Anordnung zurückgeben.

Das Gut Unruhe mit seinen 13 Hufen, das seit lange, wahrscheinlich seit dem 13jährigen Krieg, wüste war, lag in den Grenzen der Stadt Tolkemit. Am 21. Mai 1529 verlieh das Domkapitel dieses Dorf der Stadt von neuem gegen einen Zins von einer halben Mark für jede Hufe.

Der Ordensritter Kaspar von Schwalbach, der Tolkemit während des Reiterkrieges besetzt hielt – der Tolkemiter Geschichtsschreiber und Geschichtsfälscher Simon Grunau nennt ihn „Pfleger von Tolkemit“ – berief, da im Ordenslande die Reformation eingeführt wurde, auch nach Tolkemit einen ehemaligen Mönch , eine lutherisch gesinnten Diakonus, namens Bomler. Dieser hielt auf Veranlassung Schwalbachs evangelischen Gottesdienst in der Tolkemiter Kirche, oder, wie Grunau es ausdrückt, Schwalbach „ließ ihn singen die deutsche Messe auf gut ketzerisch“. Schwalbach verlieh im darauf die Pfarre Neukirch-Höhe, so daß wir annehmen dürfen, daß auch hier eine Zeitlang evangelischer Gottesdienst stattfand, ja, daß das Kirchspiel Neukirch evangelisch wurde. Darauf deutet Grunaus Bemerkung, „er werde da seine Schäflein, daß sie voller Ketzerei wurden“. Grunau meint, der erste evangelische Gottesdienst in Tolkemit hätte Weihnachten 1525 stattgefunden. Das aber muß ein Irrtum sein, denn Weihnachten 1525 war Tolkemit schon wieder etwa ¾ Jahren nicht mehr im Besitz des deutschen Ordens, sondern Polens. Gemeint ist wohl die Weihnacht 1624, da im Herzogtum Preußen schon in diesem Jahre die Reformation allmählich eingeführt worden war.

Auch in Elbing versuchte Bomler für die Reformation zu wirken, allein offenbar ohne rechten Erfolg. Er suchte auch in der Frauenburger Pfarrkirche evangelischen Gottesdienst einzuführen, vielleicht etwas gewaltsam. Er wurde gefangen genommen und dem bischöflichen Offizial übergeben. Der behielt ihn in Haft. Sein Vater, der Bürgermeister Max Bomler in Tolkemit, suchte eine Freilassung zu bewirken. Doch gelang es ihm nicht. Vielmehr wurde sein Sohn nach Heilsberg gebracht „in die Kammer der Vergessenheit“. Das soll wohl heißen, daß er zu lebenslangem Gefängnis verurteilt wurde.

Georg Adalbert Heide, Erzpriester von Heilsberg, schrieb im dritten Viertel des achtzehnten Jahrhunderts eine Heilsberger Chronik, die lateinisch abgefasst ist und den Titel „Archivum Heilbergense“ führt. Er berichtet darin folgendes: Als der ermländische Bischof Stanislaus Sbaski (1688-97) 1690 die Burgen Heilsberg und Seeburg umbauen ließ, wurden im verrammelten Turmverlies der Burg Heilsberg die Knochen eines Menschen und ein Topf mit silbernem Löffel gefunden. Heide vermutet, daß die Knochen die Überreste des Diakonus Bomler gewesen seien, der, aus Tolkemit gebürtig, 1525 als Diakonus aus dem Braunsberger Kloster – Bomler gehörte zum Franziskanerorden von der Observanz – entflohen, zuerst in Tolkemit, dann in Elbing für die Reformation gewirkt habe. Er erzählte dann Bomlers Verhaftung indem er sich auf die „Preußische Geschichte“ des Guttstädter Dekans Johannes Leo stützt, der seinerseits sein Wissen von Simon Grunau hat. Nur verlegt Heide, Leo folgend, Bomlers Gewalttat und Verhaftung nicht nach Frauenburg, sondern nach Elbing.

1550 brannte die ganze Stadt Tolkemit nebst Kirche und Rathaus ab. Die Bewohner müssen damals sehr verarmt gewesen sein, denn erst 1572 war das Chor der Kirche (d.h. der Altarraum) wiederhergestellt. Mit dem Rathause verbrannten auch die Stadtbriefe und Privilegien der Stadt. Die Bürger baten das Domkapitel in Frauenburg um Abschriften. Die erhielten die Abschrift ihrer Gründungsurkunde am 7. Oktober 1552 und die des Fischereiprivilegs am 5. Oktober 1554. Diese Abschriften fand Kutschki, der Chronist von Tolkemit (+ 1918, in der Schulzenlade von Neuendorf (Kämmereidorf).

König Sigismund I. hatte dem Bischof Lukas von Watzelrode die Starostei Tolkemit ohne Genehmigung des polnischen Reichstags geschenkt. Daher wurde die Schenkung vom Lubliner Reichstag 1569 für nichtig erklärt. Das Domkapitel mußte die Starostei an die polnische Krone ausliefern, einschließlich Neukirch. Kreuzdorf (damals Krebsdorf) und Karschau aber verblieben damals wahrscheinlich dem Ermland, denn sie gehörten seitdem zum Bistum und nicht zur Starostei. Nur mit Mühe konnte das Domkapitel die auf die Starostei verwendeten Unkosten zurückerhalten.

Nachdem die Starostei Tolkemit dem ermländischen Domkapitel genommen war, wurde sie Matthias Dzialynski übertragen. Sie blieb im wesentlichen im Besitz dieser Familie mehr als anderthalb Jahrhunderte (1569-1724). Die Familie Dzialynski gehörte zum vornehmsten polnischen Adel und war sehr reich. Ihre Glieder waren nicht frei von Standesvorurteilen, aber vornehm in ihrer Gesinnung. Sehr viele Dzialynskis hatten hohe polnische Staatsämter inne, so daß ihnen die Starostei Tolkemit mehr oder minder Nebensache war. So waren während der polnischen Zeit Westpreußens 3 Dzialynskis Woiwoden von Marienburg, 8 von Kulm und 4 von Pommerellen. Die Tolkemiter Starosten aus der Familie Dzialynski wohnten daher auch nur selten in unserem Haffstädtchen. Geschah es aber, so glich ihr Aufenthalt einer fürstlichen Hofhaltung. Ein ganzer Troß von Beamten und Bedienten stand dann zu ihrer Verfügung und auf dem alten Schlossberg entfaltete sich ein lebhaftes Treiben.

Der oberste starosteiliche Beamte war der Burggraf oder Unterhauptmann. Er führte die ganzen Verwaltungsgeschäfte. Im Namen des Starosten übte er die höchste richterliche und polizeiliche Gewalt in der ganzen Starostei aus. Er überwachte die Einziehung des Zinses, der sowohl von der Stadt Tolkemit wie auch von den Bewohnern der Starosteidörfer an den Starosten zu leisten war; Über den Zins führte er ein besonderes Buch, das Hauptbuch. Da dem Starosten unmittelbar auch eine umfangreiche Feld- und Forstwirtschaft zu eigen war, führte der Burggraf über sie die Oberaufsicht. Er gab acht, daß die Fron- und Scharwerksbauern der Starosteidörfer ihren Verpflichtungen pünktlich nachkamen. Zu seinen Aufgaben gehörte ferner die Einziehung des Mühlenzinses, die Beaufsichtigung der in der Starostei befindlichen Fischteiche, der Jagd und vieles andere. Mit einem Wort: Die ganze Verwaltung der Starostei lag in seiner Hand.

Da der Starost eine große Fläche selbst bewirtschaftete, waren drei Vorwerke in seinem unmittelbaren Besitz: 1. Kickelhof, d.h. Hühnerhof, 2. Dünhöfen, d.h. Taubenhof, 3. Rückenau, d.h. Getreideau. Dazu kam in gewisser Hinsicht noch Conradswalde, das allerdings nur zum kleineren Teile Vorwerk, zu größeren aber Bauerndorf war. Zum Vorwerk Kickelhof gehörte auch die vom Orden 1347 erbaute Kickelhöfer Wassermühle.

An der Stelle, wo einst die kleine Ordensburg sich erhoben hatte, auf dem Schlossberge, dem heute sogenannten Amtsberge, erhob sich das Haus des Starosten, das trotz seiner Einfachheit von der Bevölkerung „Schloß“ genannt wurde. Die Front des Gebäudes war nach Nordwesten gerichtet. Hinter ihm befanden sich etwa 6 preußische Morgen Gartenanlagen. Zu beiden Seiten des Hauses lagen die Wirtschaftsgebäude. Die Wagenremisen, die man Kutschenställe nannte, standen am Fuße des Schlossberges, dort, wo die Stadtmauer sich hinzog. An der Stelle, an der heute die Mühle steht, die erst im 18. Jahrhundert dorthin gebaut wurde, standen vorher auch Wirtschaftsgebäude. Am östlichen Ufer des Mühlenfließes lag die Schlossbrennerei. Der ganze Amtsberg mit allen darauf befindlichen Gebäuden und Gärten war starosteilicher Schlossgrund.

Auch die zur Starostei führende Straße, die heutige Amtsstraße, damals noch Schlossstrasse genannt, mitsamt den Wohnhäusern, die an ihr standen, gehörte zum Schlossgrund. Ihre Bewohner mußten dem Starosten einen besonderen Zins zahlen, genossen dafür aber auch das Weidevorrecht für je ein Stück Vieh. Die Schlossstrasse bildete einen völlig von der Stadt getrennten Dorfsverband, der natürlich auch seinen eigenen Schulzen hatte. Wo heute die Apotheke steht, stand der Schlosskrug, der spätere Amtskrug. Alle Krüger der Starostei waren verpflichtet, ihre Getränke aus der Schlossbrennerei und Schlossbrauerei zu beziehen.

Der erste Starost seit 1569, Matthias Dzialynski, der Kastellan von Danzig war und außer Tolkemit noch die Starostei Tuchel innehatte, starb 1602. Sein Burggraf in Tolkemit hieß Sigismund Blotzki. Am 24. Februar 1589 bestätigte Matthias Dzialynski in Tuchel die Willkür von Tolkemit.

Seit 1602 war Starost Stanislaus (oder Stenzel) Dzialynski, Kastellan von Kulm. Er starb 1617. Seine Burggrafen hießen: Stronbowsky, Johannes Milejewski und Jacob Planowski.

Die Starostei erbte 1617 sein gleichnamiger Sohn. Er war Woiwode von Marienburg. Sein Burggraf hieß Kaspar Michelowski. Wie lange er die Starostei innehatte ist ungewiß.

Während des ersten schwedisch-polnischen Krieges (1626-36) war der schwedische Magnat Benedikt Oxenstierna Herr der Starostei. Er wird auch „Bengt“, Bengtson Oxenstierna genannt. Über ihn, der eine sehr interessante Persönlichkeit war, hat erst vor kurzem der berühmte schwedische Tibetforscher Sven Hedin ein fesselndes Werk unter dem Titel „Verwehte Spuren“ geschrieben.

Bengt Oxenstierna war nämlich nichts weniger als ein Vorläufer des großen Asienreisenden Sven Hedin. Spöttisch nannte man Oxenstierna in seiner Heimat den Reise-Bengt. Er hat vor und im 30jährigen Krieg nicht weniger als 67 deutsche Städte besucht. Auf der Universität Rostock hatte er studiert. Über seine Reisen führte er ein ausführliches Tagebuch. Aber seine Zeitgenossen trauten seinen Schilderungen nicht, und daher gab er das Tagebuch nicht in den Druck: heute ist es verschollen. Sven Hedin hat aus gewissen Anhaltspunkten die Reise seines Landsmanns und Vorläufer aus dem 17. Jahrhundert wieder rekonstruieren können. Oxenstierna war durch Kleinasien und Bagdad in das Reich des Schahs Abbas des Großen, einer Heldengestalt jener Zeit, gezogen. Bengt Oxenstierna war als ein für sein Zeitalter ein außerordentlich weitgereister Mann, der nicht mit Unrecht den Beinamen des Reise-Bengt trug. Im ersten schwedisch-polnischen Krieg befand er sich im Heere Gustav Adolfs. Nach der Eroberung Elbings durch die Schweden im Jahre 1626 wurde er Gouverneur der Stadt. Er wohnte in der Heiligen-Geist-Straße Nr. 17. Viele Briefe, die er damals mit seinem König Gustav Adolf gewechselt hat, sind noch vorhanden. Als Lohn für seine trefflichen Dienste erhielt er die Starostei Tolkemit als Lehen. Wie es dem Weitgereisten in dem kleinen, weltverlorenen Städtchen an der Haffküste gefallen hat, darüber haben wir keine Berichte. Als die Schweden 1635 unser Gebiet räumten, wurde Oxenstierna Generalgouverneur von Livland. Zeitweilig war er auch Gouverneur von Augsburg gewesen. Ständig im diplomatischen Dienst beschäftigt, starb er mit Ehren überhäuft.


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