DER LANDKREIS ELBING   
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Louisenthal

Bis zum Jahr 1772 gehörte die Gemarkung, die heute das Gut Louisenthal bildet, zur polnischen Starostei Tolkemit und war wahrscheinlich Wald und unbewohnt. Eine Änderung trat nach dem Jahre 1772 ein, daß die Starostei Tolkemit nach der ersten Teilung Polens, die in diesem Jahre stattfand, an Preußen fiel. Wie alle anderen im polnischen Preußen gelegenen Starosteien wandelte die preußische Regierung auch die Starostei Tolkemit in ein Königliches Domänenamt um. Zu dem Domänenamt Tolkemit gehörte ein Forstamt Tolkemit. In der Nordostecke dieses Amtes, im Bezirke des heutigen Gutes Louisenthal, lag ein Unterförstergehöft. Dieses Gehöft erwarb durch Erbverschreibung vom 27. Juni 1796 der ehemalige Hegemeister Stellmacher, der früher im Forstamt Tolkemit im königlichen Dienst gestanden hatte, nebst einer Land- und Forstparzelle von 134 Morgen 42 Ruten unter sehr günstigen Bedingungen von der preußischen Regierung. Er erhielt die Begüterung in Erbpacht gegen einen Kanon von 22 Talern und 11 Silbergroschen.  Da ein Taler damals 24 Silbergroschen (zu 12 Pfennigen) hatte, ein Morgen aber 180 Ruten umfaßte, so bezahlte Stellmacher als jährliche Pacht für den Morgen vier Silbergroschen. Der alte Hegemeister besaß nun freilich Louisenthal nicht als Eigentum, sondern nur in Erbpacht. Die Form der Erbpacht, die damals in der Regel angewandt wurde, wenn Land zum ersten Mal zur Bebauung ausgegeben wurde, bestand darin, daß der Erbpächter das erbliche Nutzungsrecht erhielt, bei Veräußerung unter Realverbindlichkeiten den Konsens des Obereigentümers einholen mußte. Dieser Obereigentümer war im Fall Louisenthal zunächst das Königliche Domänenamt Tolkemit, später nach dessen Auflösung (in den Jahren 1802-1804) die Intendantur in Elbing. Beim Beginn der Erbpacht hatte der Erbpächter ein Erbstandsgeld zu zahlen und zudem jährlich einen Erbpachtzins, den man Kanon nannte. Dieser war meist unveränderlich. Doch kam es auch vor, daß eine Erhöhung des Kanons nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums in Aussicht gestellt wurde, wie z.B. bei Dünhofen, Kickelhof und Rückenau, welche ursprünglich Vorwerke des Domänenamts Tolkemit waren, bei der Auflösung des Domänenamts aber in Erbpacht gegeben wurden. Wenn man die Bedingungen, unter denen Louisenthal in Erbpacht gegeben wurde, mit denen von Dünhofen, Kickelhof und Rückenau vergleicht, so muß man sagen, daß sie für Stellmacher äußerst günstig waren. Von einem Erbstandsgeld ist gar nicht die Rede, sondern nur von dem jährlichen äußerst niedrig bemessenen Erbpachtzins von 22 Talern und 11 Silbergroschen. Offenbar war der in den Ruhestand versetzte Hegemeister Stellmacher ein bewährter Beamter, dem man mit besonderem Wohlwollen begegnete. Auffallend ist immerhin, daß er gegen alle Regel kein Erbstandsgeld zahlte. Als ein Ausgleich ist offenbar die Verpflichtung Stellmachers anzusehen, für den an die Tolkemiter Stadtgrenze gesetzten Unterförster neue Gebäude vom dem erhaltenen Freiholz aufzuführen. So entstand die Försterei Wiek als Ersatz für die an Stellmacher verkaufte Unterförsterei auf dem Grund und Boden des heutigen Gutes Louisenthal. Der Name stammt von Ehefrau Louise. Das kleine Gut wurde späterhin durch Ankauf benachbarten Landes vergrößert. Weiteres Land kam auf andere Weise hinzu. Der Besitzer von Louisenthal hatte nämlich das Recht, sein Vieh im Walde weiden zu lassen. Diese Waldweideberechtigung wurde 1811 abgelöst, und zwar durch Gewährung von dreißig Morgen. So wuchs Louisenthal allmählich. Ein besonderes Glück widerfuhr dem Gute, als durch die Agrarreform in Preußen 1850 die Form der Erbpacht allgemein beseitigt wurde. Der Erbverpächter oder Erbzinsherr – im Falle von Louisenthal der Staat, vertreten durch die Intendantur in Elbing – gab sein Eigentumsrecht auf, und zwar ohne Entschädigung. Der Erbpächter erhielt seine Pachtung zum Eigentum. So wurde aus der Erbpachtung Louisenthal erb- und eigentümlicher Besitz und aus dem Erbpächter der Gutsherr.


Aber längst ehe dies geschah, hatte der greise Hegemeister Samuel Stellmacher mit seiner Ehefrau Louise geb. Panckrath Louisenthal seiner Tochter Christiane (oder Christine) Amalie, die mit Benjamin Liedtke verheiratet war, für 4333 Taler 24 Groschen, also für 13 000 Mark verkauft. Der Kaufkontrakt stammt vom 14. Dezember 1805, bestätigt am 16. Januar 1807. Die beiden Verkäufer hatten sich noch einige Leib- und Ausgedinge ausgemacht. Benjamin Liedtke bewirtschaftete das Gut mit besonderem Eifer und Fleiß und betrieb auch Kalkbrennerei und Gastwirtschaft mit Nebengewerbe. 1806 wurden zum Gut die sogenannten Samueler (oder Samiler) Wiesen, die an den sogenannten St. Anna-Wiesen gelegen waren, für ein Einkaufsgeld von 817 Talern 30 Groschen und einen jährlichen Kanon von 50 Talern in Erbpacht genommen und mit Louisenthal vereinigt.

Das Handfestenbuch der Komturei Elbing von 1393 erwähnt eine im Kammeramt Cadinen gelegene Ortschaft namens Samilendorf. Sie wird wohl in der Gegend von Louisenthal gelegen haben, möglicherweise dort, wo jene Dorfsiedlungen aus der jüngeren Steinzeit (4000 – 2000 v. Chr.) sich befunden haben, deren Reste 1921/22 von Professor Dr. Ehrlich aufgedeckt worden sind.

Als Frau Christiane Amalie Liedtke geb. Stellmacher gestorben war, fiel am 8. Januar 1835 das Gut zur einen Hälfte an Benjamin Liedtke, zur andern an dessen drei Schwestern. Mit ihnen setzte er sich auseinander und erwarb ihre Hälfte für 4000 Taler. Er verheiratete sich in zweiter Ehe mit Charlotte Louise geb. Gronwaldt, verwitwete Frau Kaufmann Friesen.

Am 12. September 1850 kaufte Louisenthal von dem alten Benjamin Liedtke, der sich ein Ausgedinge vorbehielt, Friedrich Benjamin Koch für 7617 Taler und 10 Silbergroschen.

Von ihm erwarb das Gut bereits am 2. Juli 1851 der pensionierte Major von der Groeben für 10 000 Taler. 3000 Taler von dieser Summe waren der Preis für das Inventar, das geschlagene Holz und die gebrochenen Kalksteine. Groeben verschönerte die Gärten durch hübsche Anlagen, betrieb mit Interesse Ackerbau und Viehzucht und beschäftigte sich aus Liebhaberei auch mit Weinbau und künstlicher Fischzucht. Durch Tauschvertrag mit dem Domänenfiskus vom 7. November 1860 tauschte Groeben zwei Morgen 77 Ruten gegen 4 Morgen 51 Ruten Anwachsländereien am Haff. Der Wert der Grundstücke wurde auf ungefähr hundert Taler angenommen.

Joseph Herder, der Sohn des Besitzers Valentin Herder aus Conradswalde und seine Ehefrau Johanna, geb. Blank, kauften Louisenthal am 20. Juli 1867 für 14 000 Taler. Infolge von Verschuldung kam das Gut 1876 unter den Hammer, und am 9. November dieses Jahres erwarb es der Gastwirt Franz Blank aus Schalmey bei Braunsberg, der das Gut durch Erschließung neuer Erwerbsquellen hob und musterhaft bewirtschaftete.

Von Blank kaufte Louisenthal am 20. Mai 1898 der Mühlenbesitzer Ernst Hantel in Frauenburg. Es entstand nun hier eine große Dampfziegelei.

Am 28. Juli 1900 erwarb das Gut eine eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die sich „Thonwerke Louisenthal“ nannte. Dann wechselte Louisenthal sehr rasch seine Besitzer. Es erwarben das Gut am 28. November 1905 Kaufmann Hermann Braunsberg, am 30. November 1906 Rentier Gustav Rüdiger aus Charlottenburg, am 6. Mai 1908 Kaufmann Rudolf Hollack aus Eggertshof bei Strausberg, am 5. Juli 1909 Eisenbahndirektor Heinrich Klinke in Braunschweig, am 14. Juli 1909 die Landbank in Berlin und am 18. Dezember 1912 der Ingenieur Max Haack, der 1919 die Dampfziegelei eingehen ließ.

Louisenthal hat heute (das war etwa im Jahre 1925) 85 ha und 39 Bewohner.




(        Hannelore Albuszies)

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