WICKERAU
Es gibt mehrere Ortschaften des Namens Wickerau in unserer Provinz. Ich nenne: 1. das Dorf Wickerau in Steegen nordöstlich von Pr. Holland in dem gleichnamigen Kreise, 2. Wickerau bei Podangen in demselben Kreise, 3. das Rittergut Wickerau bei Barten im Kreise Rastenburg, 4. das Vorwerk Wickerau bei Wandlacken im Samland. In unserm Elbinger Landkreise gibt es zwei Dörfer namens Wickerau, und zwar Gr. und Kl. Wickerau.
Alle diese Ortschaften führen ihre Bezeichnung nach einer altpreußischen Familie von der Wickerau, die ein Zweig der vornehmen Familie Borin war. Nach dieser ist Briensdorf, ursprünglich Borinsdorf, im heutigen Kreise Pr. Holland benannt. Diese Familie hatte ihre umfangreichen Güter (Angnitten, Briensdorf, Koken, Luxethen, Gemitten und Peiskam) bis 1335 im Gemeinbesitz. Damals wurde dieser Güterkomplex in drei Teile für ebenso viele Zweige der Familie zerlegt und zu kulmischem Rechte verschrieben. Die beiden ersten Zweige der Familie Borin, die ihre Verschreibungen 1335 erhielten, interessieren uns hier nicht weiter, der dritte Zweig aber, repräsentiert durch die Brüder Nikolaus und Santirme zur Wickerau, erhielten 1339 von dem Hochmeister Dietrich von Altenburg eine Verschreibung über 14 Hufen zu Luxethen und 18 ½ Hufen zu Gemitten. Die 14 Hufen zu Luxethen erhielten von ihren Besitzern den Namen Wickerau. Aus ihnen wurde ein deutsches Dorf, das im 15. Jahrhundert an das Spital zu Pr. Holland kam; es wurde offenbar von seinen Grundherrn als deutsches Dorf ausgetan und dann vom Orden angekauft. Von Gemitten wurde ein 2 ½ Hufen großes Gut abgezweigt, das auch den Namen Wickerau erhielt.
Die Familie von der Wickerau machte den Kolonisationszug des Ordens nach Osten mit, denn sie erscheint später wieder im Bistum Ermland und in den östlichen Ordensgebieten.
Unser Dorf Wickerau – erst später erfolgte die Teilung in Gr. und Kl. Wickerau – liegt am Nordostende jener diluvialen Erhebung, auf der Neuheide gelegen ist. Die Gegend ist daher schon früh besiedelt worden. Aber erst 1357 wird Wickerau erwähnt.
Zu Beginn der polnischen Zeit (1466-1772) kam es durch Schenkung an das Elbinger Brigittenkloster. Als dieses nach Danzig verlegt wurde, beschlagnahmte der Elbinger Rat mit den andern Klostergütern auch Wickerau. Aber erst 1531 einigte er sich darüber mit dem Danziger Brigittenkloster. Seitdem behielt er Wickerau in unangefochtenem Besitz.
Wickerau hat in der Ordenszeit zum Ordensgebiet selbst gehört, da alles Land südlich der Nogat, die damals noch keine „alte Nogat“, sondern der Hauptarm des Flusses war, dem Orden selbst gehörte. In der polnischen Zeit kam Wickerau dann an das Elbinger Landrichteramt. Denn was die Stadt 1457 von dem ehemaligen Ordensgebiet erhielt, bildete bekanntlich hinfort das Landrichteramt.
Bei der Revision des Territoriums von 1715 ist unter den Dörfern des Landrichteramts auch Wickerau genannt, und zwar mit 23 Hufen und 15 ½ Morgen, dazu noch Weideland mit 5 Hufen und 7 ½ Morgen und Große Fleischerweide mit 16 Hufen und 3 Morgen. Damit ist offenbar Gr. Wickerau mit den benachbarten Fleischweiden gemeint. Eigenartigerweise aber gehört Kl. Wickerau mit 10 Hufen 11 ¼ Morgen und weiteren 15 Morgen ebenso wie Stutthof mit 4 Hufen 24 Morgen damals zum Außenkämmeramt. Man kann nur vermuten, daß diese aller Regel zuwiderlaufende Einteilung daraus zu erklären sein könnte, daß es passender schien Stutthof und Kl. Wickerau wegen ihrer großen Nähe zu Elbing dem Außenkämmerer, dem die nächste Umgebung der Stadt, z.B. auch die Vorstädte, unterstellt war, zuzuweisen.
Wann die Teilung des Dorfes in Gr. und Kl. Wickerau erfolgt ist, wissen wir nicht. 1715 bestand sie jedenfalls schon.
Die Schule in Gr. Wickerau ist erst 1827 begründet worden. Zu ihr gehören Gr. Wickerau und Kl. Wickerau mit Stutthof. Die Schulchronik beginnt mit dem Jahre 1877.
Gr. Wickerau hat heute (das war im Jahre 1925) 347 ha und 229 Einwohner, Kl. Wickerau, zu dem der domänenfiskalische Besitz Stutthof gehört, 504 ha und 202 Bewohner.
( Hannelore Albuszies)
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