Heimatkunde
Was ist eigentlich eine Handfeste?
(Günter Mauter)
Wenn man die alten Schriften studiert, wird zwar immer wieder von Verleihung der Stadtrechte, oder Gründung eines Dorfes geschrieben, aber außerdem erscheint auch sehr oft der Begriff der "Handfeste". Was ist nun aber eine "Handfeste"?
Der Name stammt aus der Zeit, als Verträge noch mit einem Handschlag besiegelt wurden. Im Allgemeinen galten dabei – man denke an den Pferdehandel – mündliche Absprachen. Bei so großen Begebenheiten aber, wie der Gründung einer Stadt oder eines Dorfes, konnte man "mündlich" garnicht alles aufzählen, und vor allem dann auch nicht im Kopf behalten, was da abgemacht wurde. Also schrieb man doch einen Vertrag, der, außer mit einem Handschlag der daran Beteiligten, auch durch Unterschriften und den dazu gehörenden amtlichen Siegeln Gültigkeit erhielt. So war es dann auch möglich einmal nachzulesen, was man derzeit ausgehandelt hatte und wozu man berechtigt war oder sich verpflichtet hatte. Die erste wichtige Handfeste des Ordens in Preußen – die als Grundlage oder Vorbild für weitere Handfesten bei Stadtgründungen als Urkunde diente - war die Kulmer Handfeste vom 28. Dezember 1233. Es ist erstaunlich, wie detailliert dort alle Modalitäten bedacht und festgelegt worden sind. Den deutschen Text hier wiederzugeben würde den Rahmen sprengen. Deshalb möchte ich als heimatbezogenes Beispiel den Text der erneuerten Handfeste (die erste ging verloren) für Maibaum wiedergeben.
Maibaum feierte im Jahr 2005 sein 700jähriges Bestehen.
Die Handfeste für Maibaum von 1331 (Übersetzung)
In Gottes Namen Amen. Weil die einzelnen Geschehnisse, welche sich leibhaftig ereignen, mit der Zeit wie ein Flüsschen verfließen und zerrinnen, darum ist es notwendig und nützlich, um sie lange im Gedächtnis zu erhalten, daß ihre Wirksamkeit durch Zeugen und Briefe bestätigt wird. Daher sei den Gegenwärtigen und Zukünftigen kund, daß dem Dorfe Mayboum, durch den frommen und ehrwürdigen Bruder Heinrich von Gera mit 60 Hufen zu kulmischem Recht ausgesetzt und durch Johannes Klemme besiedelt, von uns, Bruder Hermann, Spittler des Deutschen Ordens und Komtur zu Elbing, das Privileg des genannten Dorfes erneuert und Peter Klemme und seinen rechten legitimen Erben mit Rat und Zustimmung unserer Brüder 6 Freihufen und das Schulzenamt in jenem Dorfe Mayboum übertragen haben als dauernden erblichen Besitz. Die Besitzer der anderen 54 Zinshufen sind gehalten, von jeder Hufe jährlich an Zins eine halbe Mark Pfennige gewöhnlicher Münze und 4 Hühner zu St. Martin unserem Hause zu geben und zu zahlen und von jedem Pflug der genannten Güter zwei Scheffel jährlich zu geben, einen Scheffel Roggen, und einen Scheffel Weizen. Ferner übertragen wir dem oben genannten Peter und seinen legitimen Erben in den genannten Gütern das Kleine Gericht über Deutsche. Das Große Gericht über diese Deutschen aber, nämlich über Hals und Hand (abzuhauen), behalten wir unseren Brüdern zur Prüfung vor. Und was an Gerichtsbußen anfällt, zweigen wir von dem, was wir als Buße führen, ein Drittel ab; die anderen beiden Drittel behalten wir uns und unseren Brüdern vor. Aus genannten Gütern übernehmen wir Mühlen, Krüge und deren Plätze, welche wir im besonderen dem Gebrauch unserer Brüder vorbehalten. Zum Gedächtnis und dauernden Sicherheit lassen wir unser Siegel an diesen Brief hängen. Zeugen sind Dietrich, unser Vicekomtur, Bruder Dietrich, Provisor (Sachwalter) des Hauses Pr. Holland, Bruder Erkenbert, sein Kumpan, Bruder Heinrich, Vogt in Mohrungen, und viele andere Brüder unseres Ordens.
Gegeben in Pr. Holland im Jahre des Herrn 1331, am 27. Januar.
(Dieser Text wurde dem Buch "Chronik des Dorfes Maibaum Kreis Elbing/Westpr.", von Friedrich Liedtke, unverändert entnommen)