Heimatkunde

Welche Aufgaben hatten eigentlich die Totengräber?

(Günter Mauter)


In der Regel gehören die Totengräber nicht zu den „positiven“ Berufen. Man spricht auch nicht gerne darüber, - wird man doch an seine eigene Vergänglichkeit erinnert. Dabei erfüllen die Totengräber seit ewigen Zeiten eine wichtige Aufgabe, in dem sie den sterblichen Überresten von uns Menschen eine Ruhestätte bereiten.

Nun muss es ja auch für diesen Berufszweig Regeln geben; denn auch Totengräber können nicht nach Laune und Belieben werkeln.

Das nachfolgende Beispiel bezieht sich auf die Elbinger Höhe und dürfte exemplarisch für alle Friedhöfe auf der Höhe sein.


Instructionen für die Todtengräber



Bei Anfrage an das Rentamt hatte ich unterm 23. Februar a. c. (1851) um eine Instruction für den zu Lenzen neu erwählten Todtengräber Gottfried Jordan ersucht, u. darauf unterm 22. März die Antwort empfangen, daß dieselbe von Lokal. Verhältnissen abhängig sei, u. ich deshalb erst eine Lokal- Instruction zu entwerfen habe.

Mittlerweile ist nun auch in Dörbeck ein neuer Todtengräber, nämlich der Eigenthümer Johann Christian Rech, vom D(örbecker) Kirch(en) Vorstand erwählt worden, u. bedarf auch einer Instruction.

Ich habe mir nun von den früheren Todtengräbern die Instructionen einreichen lassen. Dieselben sind sowohl von Lenzen als von Dörbeck gleichlautend beide von demselben Datum, d. 23. August 1828, vom Elbinger Magistrat aufgesetzt u. nur allgemeine Bestimmungen enthaltend. Ich füge 1 Exemplar deshalb im Original hierbei. Was die besonderen Bestimmungen betrifft; so sind dieselben folgende, und die Todtengräber, sowohl die in Lenzen als in Dörbeck, derer an beiden Orten je 2 an Zahl, haben außer dem Anfertigen der Gräber auch folgende Verrichtungen zu besorgen:

1.) Sie müßen bei jeder öffentlichen Leiche das Geläut gemeinschaftlich besorgen, nämlich 1 Stunde resp. ½ Stunde gleich nach erfolgter Anzeige des Todesfalls, ferner bei der Beerdigung selbst, während des Zuges vom Sterbehaus nach dem Kirchhof oder bei auswärtigen Leichen und Eintritt des Trauerzuges ins Dorf bis zum Haltepunkt und von da  bis zum Kirchhof, sodann bei der Einsenkung die herkömmlichen Dienste verrichten, und am Schluß durch einen Puls mit den Glocken das Ende des Begräbnisses  anzeigen.

2.) Die Todtengräber sowohl in Lenzen als in Dörbeck sind zugleich Balgentreter, u. haben deshalb abwechselnd einen Sonntag um den anderen bei dem gewöhnlichen Gottesdienst die Balgen zu treten, u. alsdann auch das Zusammenläuten der Gemeinde zum  Gottesdienst zu besorgen.

3.) Bei Trauungen haben die Todtengräber auch die Balgen zu treten, wobei sie sich wochenweise abwechseln.

Für diese Mühewaltungen empfangen die Todtengräber sowohl in Lenzen als in Dörbeck gewöhnlich folgende Belohnung:

1.) beide zusammen jährlichen Lohn aus der Kirchenkasse 2 Thaler 10  Silbergr., in Dörbeck 2 Thaler.

2.) für das Anfertigen des Grabes und Geläut

a)  bei einer großen Leiche 1 Thaler

b)  bei einer Kinder - Leiche mit Geläut 20 Silbgr.

c)  bei einer Kinder – Leiche ohne Geläut 10 Silbgr.

d)  bei einer großen Leiche ohne Geläut 20 Silbgr.

      3.) für das Balgentreten bei einer Trauung 2 Silbgr.


Außer diesen besonderen Bestimmungen wäre es auch noch zweckmäßig, wenn in die Instruction der Todtengräber die Hauptpunkte der Polizei- Regularien wegen Beerdigung der Leichen, vom 22. Mai 1811 des Amtsblattes 1811 O. 97 (Bork Handbuch der Kirchen- und Schul-Gesetze. im Preuß. Recht, Band 1 pag. 75 u. 76) aufgenommen, oder wenigstens die Todtengräber angewiesen würden, diese Bestimmungen beim Antritt ihres Amtes vom Prediger genau vorlesen zu lassen. Das Wesentliche desselben dürfte im folgenden Punkten kurz ausgedückt werden:

1.) Vor Wartung von 8 bis 9 Jahren darf unter keinen Umständen ein  Grab nicht einmal sondiert, überhaupt aber nie eher genutzt werden, bevor der Sarg völlig verwittert u. die Leiche völlig verwest ist. Ein Grab, in dem sich noch nicht voll verweste Teile einer Leiche vorfinden sollten, ist sogleich wieder zu schließen.

2.) Ohne besondere Anweisung des Pfarrers darf der Todtengräber bei Strafe der Dienstentsetzung kein Grab zu graben sich bewegen lassen.

3.) Jedes Grab muß wenigstens 6 Fuß tief, und die Länge des Grabes des vorher zu bemeßenden Sarges angemessen sein, damit beim Begräbnis kein Aufenthalt entsteht.

4.) Weder vom Sarg noch von der sonstigen Bekleidung und Zubehör der Leiche darf der Todtengräber bei Strafe des Dienstrechts irgendetwas zu seinem Nutzen verwenden.


Hierdurch bitte ich nun, sowohl für den Gottfried Jordan in Lenzen als für den Johann Christian Rech in Dörbeck ihre Instructionen als Todtengräber ausfertigen zu lassen.


Lenzen, den 17. Juli 1851

                     

                                                               Krüger (Pfarrer)



(Abschrift aus den Kirchenakten Lenzen/Dörbeck im Staatsarchiv Danzig von Günter Mauter)