DER LANDKREIS ELBING   
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BOLLWERK

Die Elbingmündung war durch Versandungen, die insbesondere durch die Nogat verursacht wurden, schon früh gefährdet.

Man war daher darauf bedacht, eine besondere Fahrt anzulegen, die den Schiffen beim Einlaufen auch die nötige Tiefe gewährte. Daher wurde schon im Jahre 1348 ein Bollwerk errichtet, das aus mit Steinen gefüllten Kasten bestand, und zwar an der Stelle, wo damals der Elbing mündete. Daher hat das Dorf Bollwerk seinen Namen. Der Bau des Bollwerks kostete die Stadt damals über 655 Mark (1 Ordensmark etwa 30 Goldmark), also eine für jene Zeit sehr beträchtliche Summe. Späterhin wurde das Bollwerk, das bei Versandung der Elbingmündung verhindern sollte, immer weiter ins Haff hinaus verlegt, weil die Elbingmündung infolge der Anlandungen immer weiter hinausrückte.

Der Bollwerkskrug wird schon 1584 von dem Elbinger Dichter Christoph Falk erwähnt. Das befestigte Gebäude, das damals an jener Stelle stand, diente wohl Beobachtungs- und Verteidigungszwecken. Falk erzählt:


„Das dieses haus mit seiner tzihr

Ein burger het gebauet auf.

Großes geschlechts, damit mahn drauf

Möchte sehen die schiff laufen ein,

Obs freunde oder veinde sein.

Diß hat ehr than zu grossem nutz,

Der statt zu eim gewaltigen schutz,

Dardurch mahn sie schnell warnen magk

Vor feintschaft bey nacht oder tagk,

Welches wird genent das pollwergk;

Hat auch bey sich ein tzimlich sterck

Ahn mauern und tzimlichen geschos,

Möchte sich schir gleichen einem schloß.“


Um 1560 war der Bürgermeister und Burggraf Jacob von Alexwangen Besitzer des Gebäudes. Der heutige stattliche Bollwerkskrug wurde im ersten Drittel des 17. Jahrhunderts erbaut. Dieses schöne Bauwerk verdankt seine Entstehung der Eastland Company, jener englischen Handelsgesellschaft, die seit 1580 etwa ein halbes Jahrhundert lang ihren Sitz in Elbing hatte und eine ungeahnte Blütezeit über unsere Stadt heraufführte. Eine rege Bautätigkeit entfaltete sich damals in und bei der Stadt. Der holländische Baumeister Michael Jansson Pingster und der einer Elbinger Goldschmiedefamilie entstammende Timotheus Johst führten jene prachtvollen Giebelhäuser in holländischer Renaissance auf, die heute unsere Altstadt zieren. Englisch-Brunnen verdankt seine Entstehung ebenfalls den englischen Kaufleuten, die sich hier eine Erholungsstätte schufen.

Der Bollwerkskrug in seiner heutigen Form wurde von dem aus Bristol stammenden englischen Handelsherrn John Slocumbe als Bauherrn errichtet. Bis zur Stelle dieses Kruges konnten die großen Seeschiffe fahren, hier aber mußten sie geleichtert werden. Darum war hier auch ein Gasthaus nötig, das die ankommenden und abfahrenden Kaufleute aufnahm. Ein neuerer Forscher (Erwin Blockmann in: Der Grundstein britischer Weltmacht, 1923) nennt daher den Bollwerkskrug zur Zeit des „englischen Stapels“ nicht mit Unrecht ein „Terminus-Hotel“. Ein reges Leben und Treiben hat damals der alte Bollwerkskrug gesehen. Er besteht heute aus einem Haupthaus mit vier Giebeln, der noch einen kleinen Anbau mit einem Giebel hat, und einem kleinen Nebenbau mit zwei Giebeln. Da das Gesamtgebäude somit sieben Giebel hat, wird es auch der Siebengiebelkrug genannt. Der Hauptbau entstand wohn zwischen 1632 und 1637. Diese letztere Zahl sieht man noch an seinem Westgiebel. Er weist auch noch vier Wappenkartuschen auf und zwar die Wappen der Eastland Company, der Stadt London, der Stadt Elbing und der Grocers Livery Company, einer zweiten englischen Handelsgesellschaft. Der Hauptbau hat im zweiten Stockwerk einen großen Saal, der vom Rat der Stadt Elbing auch nach der Zeit des „englischen Stapels“ zuweilen noch zu repräsentativen Zwecken benutzt wurde. So wurde hier z.B. am 18. November 1711 der damals in Elbing weilende Zar Peter der Große von Rußland, dessen Truppen die Stadt besetzt hatten, bewirtet. Sehenswert sind in diesem Saal und in den über ihm liegenden zwei großen Stuben mit anstoßender langer Kammer die Malereien an den Decken und Wänden. Gewiß, diese Bemalungen sind keine Kunstwerke, sondern nur handwerksmäßige Arbeiten, aber sie sind trotzdem kulturgeschichtlich interessant, zeigen sie uns doch, wie man zu Beginn des 17. Jahrhunderts ein vornehmes Haus mit Bildern schmückte. Die Gegenstände der Malereien sind biblische Geschichten, Kämpfe, Landschaften, Schiffsszenen und Allegorien. Die Bilder haben schon sehr gelitten. Im nördlichen Teile des Saales sind schadhafte Teile mit Bemalungen bereits durch rohe Holzbretter ersetzt (1923 waren noch 18 Deckengemälde im Saal).Die Fenster des Saales waren im 17. Jahrhundert mit Namen und Wappen der englischen Kaufherren geziert.

Der kleine Nebenbau des Bollwerkskruges mit den zwei Giebeln zeigt über dem Eingang unter dem Westgiebel das Wappen des Erbauers John Slocumbe und die Jahreszahl 1637. Darüber stehen die Worte Memento mori (d.h. „Denke ans Sterben“).

Das Land, das zum Bollwerkskrug gehörte, war links des Elbingflusses in der Dorfgemarkung von Bollwerk gelegen. Die Baustätte des 1627 von den Polen verbrannten in der Nähe des Kruges gelegenen nördlichen Pfeilhauses mit 1¼ Morgen Land erwarb Slocumbe 1637 vom Rat und zugleich die Erlaubnis, einen Garten beim Bollwerkskruge anlegen zu dürfen. Der jährliche Zins dafür betrug einen Taler und wurde noch um 1830 gezahlt. 1715 gehörten zum Bollwerkskrug nicht weniger als 4 Hufen.

Der Bollwerkskrug, der vielfach seinen Besitzer gewechselt hat, erwarb 1862 im Zwangsvollstreckungsverfahren die Stadt Elbing für 15.751 Taler. Er kam aber wieder in Privatbesitz und wurde 1909 nochmals von der Stadt Elbing unter Beihilfe des Staates erworben und dadurch vor dem völligen Verfall gesichert, dem dieses wertvolle Baudenkmal aus der Alt-Elbinger Zeit nicht preisgegeben werden darf. Der Bollwerkskrug stellt heute ein charakteristisches Baudenkmal in unserer Niederungslandschaft dar. Der oben genannte Forscher (Erwin Volckmann) sieht im Bollwerkskrug sogar ein auf dem europäischen Festlande einzig dastehendes Denkmal. Jene Zeit, in der die englische Handelsgesellschaft in Elbing weilte und in der der Bollwerkskrug gebaut wurde, gilt jenem Geschichtsforscher als der Beginn und die Grundlage der englischen Weltmacht.

Die Bollwerkswiesen waren unbebautes Bürgerland, begrenzt im Osten von Gr. Röbern, im Norden von Dornbusch, im Westen vom Elbing, im Süden vom vorstädtischen Rossgarten. Um 1830 waren sie 9 Hufen 21 Morgen groß. Seit der Separation der Bürgerwiesen sind die Bollwerkswiesen in vielen Händen; das Gemeingut der Altstadt hat hier aber auch noch Besitz. Die Schule Bollwerk bestand schon in der Polenzeit. 1781 wurde ein Schulhaus erbaut. Es stand etwa 10 Schritte südwestlich von dem jetzigen Schulgebäude. In jener alten Schule wohnte auch der Wassermüller, der den Herrenpfeil zu entwässern hatte. 1840 erbaute die Danziger Regierung eine neue Schule, da die alte sich als zu klein erwiesen hatte. Am 17. Dezember 1876 wurde infolge des Dammbruchs der Nogat die Schule 75 cm unter Wasser gesetzt. Bei dem Jonasdorfer Durchbruch 1888 wurden am 26. März um 10:00 Uhr abends die Dämme überflutet. Am 2. April wurde der Lehrer der Schule Bollwerk durch Pioniere nach Elbing geholt. Der Wasserstand in der Schule betrug 1 m. In der Nacht vom 5. zum 6. Dezember 1899 staute ein Nordoststurm das Wasser im Elbing, dessen Dämme brachen. Der Schulverband Bollwerk umfaßt heute (Bemerkung Mauter: Gemeint ist die Zeit um 1925!) Bollwerk, Herrenpfeil und Gr. Röbern, dieses seit dem 1. Januar 1921.

Zur Gemarkung Bollwerk gehörte früher eine Insel im Elbing, auf der sich ein Gehöft befand. Diese Insel wurde erst kürzlich bei der Regulierung des Elbingflusses fortgebaggert, damit aber auch leider der Elbingfluß um ein reizvolles Landschaftsbild ärmer gemacht.

Die Gemeinde Bollwerk hat heute (1925) 523 ha und 334 Einwohner.